Die Schubertmühle im Striegistal
Sie zählt sehr wahrscheinlich zu den ältesten Betrieben an der Großen Striegis. Es ist anzunehmen, dass bereits wenige Jahre nach der um das Jahr 1160 erfolgten Gründung des Dorfes eine Mühle an dieser Stelle entstanden ist.
Die ausreichend vorhandene Wasserkraft ermöglichte den aus dem Altsiedelland in Franken und Niedersachsen kommenden bäuerlichen Familien, ihre Erfahrungen bei der Nutzung der Energiequellen der Natur aus der alten Heimat hier sinnvoll anzuwenden. Über die folgende Zeit gibt es kaum Aufzeichnungen.
Alte Gerichtsakten aus dem Jahre 1604 sagen aus, dass es zwischen dem Pappendorfer Erblehnrichter Thomas Ebersbach und dem Müller Hans Rüdiger wegen des Grenzverlaufes auf der Mühlwiese zu einem Rechtsstreit gekommen ist. Neben der Mühle besitzt Hans Rüdiger im Dorf noch ein 2 Hufen – Bauerngut.
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Und was ist mit dem Müller?
1620 stirbt der Müller.
Seine Witwe Barbara, die aus der Ehe mit Rüdiger 5 unmündige Kinder zu versorgen hat, heiratet in zweiter Ehe Donat Felgner, der damit der neue Müller wird. 1623 kauft Felgner von Rüdigers Erben die Mühle für 900 Gulden, wovon 700 als Erbteil der Kinder eingetragen werden. 200 Gulden erhält Felgner als Erbteil seiner Ehefrau und als „Ziehgeld“ für die unmündigen Kinder angerechnet. Ferner wird vereinbart, dass der einzige Sohn Rüdigers – Hans – nach 14 Jahren, gerechnet von 1620 an, das Recht des Rückkaufs in Anspruch nehmen kann. Als es 1634 soweit ist, verzichtet dieser darauf und Felgner zahlt ihm als Abfindung dafür 150 Gulden. 1653 wird der junge Rüdiger als „ Müller in Goßberg“ erwähnt, er ist also seiner näheren Heimat treu geblieben.
1627 kauft Felgner auch noch das 2 Hufen-Bauerngut von Rüdigers Erben für 454 Gulden, 15 Groschen und 8 Pfennige.
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Zu dieser Zeit wird bereits von der „ Obermühle“ gesprochen, denn in Pappendorf gibt es eine weitere Mühle, die etwa 1 km flussabwärts an der Striegis gelegene zum Erblehngericht gehörende „ Gerichtsmühle“, die spätere Firma Kirbach & Söhne. Diese Mühle wird 1691 vom Erblehnrichter Daniel Lehmann an seinen Eidam (Schwiegersohn) Andreas Schubert verkauft. Da nun der Begriff „ Gerichtsmühle“ nicht mehr zutreffend ist, bürgert sich in der folgenden Zeit der Begriff „ Niedermühle“, der bis weit in das 19. Jahrhundert hinein Bestand hat, ein.
Der 30jährige Krieg hinterlässt auch in unserer Region seine blutigen Spuren. Der Schösser ( Amtmann) des chursächsischen Amtes Nossen schreibt 1653:
„…unter dem Croaten – Obristen Corpitz Siebenlehn, Reichenbach und Goßberg gänzlich, Mobendorf und Riechberg zum Teil mit Feuer und Schwert ….eingeäschert und ganz ruinieret worden…“
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Nichts ist sicher
Sicher ist auch Pappendorf nicht ungeschoren davongekommen. 1667 bittet der Obermüller Daniel Mai die kurfürstliche Behörde „… um 4 Freijahre“, in denen er von allen Abgaben befreit werden möchte. Sicher steht auch er vor dem Nichts. Die Befreiung wird ihm schließ-lich gewährt.
Zwischen 1690 und 1700 kommt es mehrfach zu Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Obermüller Donat Felgner und dem Niedermüller Andreas Schubert wegen der Stauhöhe des Wehres der Niedermühle. Eine zu große Stauhöhe führt zu einem Rückstau, der wiederum die Leistung des Felgnerschen Wasserrades vermindert. Hieraus ist aber ersichtlich, dass die Familie Felgner wieder in die Mühle zurückgekommen ist.
Als Donat Felgner 1721 stirbt, verkauft seine Ehefrau die Mühle, zu der ¾ Hufen Land gehören, für 950 Gulden an ihren jüngsten Sohn Balthasar – an anderer Stelle auch Baltzer genannt. Für die Mutter wird ein Wohnrecht auf Lebenszeit und ein „Naturalauszug“, also die regelmäßige Übergabe von Getreide, Milch, Butter, Käse, Eiern, Fleisch und Brot für ihren Lebensunterhalt vereinbart. Balthasar Felgner ist ebenfalls Besitzer des im Dorf befind-lichen 2 Hufen – Bauerngutes. 1745 verkauft er es an seinen Sohn Johann Michael Felgner für 900 Gulden.
„ Am 18. Juni 1838 brannte die Mühle Chr. Friedrich Felgners ab.“ So schreibt es Pfarrer Magister Karl Ludwig Kell in das Kirchenbuch. Leider wissen wir nicht, was zum Brand führte. Felgner baut die Mühle im gleichen Jahr wieder auf.
Der Streit um die Stauhöhe des Wehres der Niedermühle beschäftigt weiterhin die Gerichte.
So klagt 1842 erneut Obermüller Felgner gegen den Niedermüller Christian Friedrich Pönisch, den letzten Besitzer der Niedermühle vor der Familie Kirbach.
Bis zum Jahre 1849 ist die Familie Felgner in der Mühle nachweisbar. In diesem Jahr heiratet die Witwe Friederike Felgner nach dem Tode ihres Mannes in zweiter Ehe Johann Gottlob Müller. 1856 wird im Schülerverzeichnis der Pappendorfer Schule als Vater eines Schülers „ Meister Müller, Obermüller zu Pappendorf“, genannt.
Nachfolger wird 1871 Friedrich Schuster, der die Mühle für 8.486 Taler erwirbt. Inzwischen ist 500 m oberhalb der Mühle an der Striegis eine Spinnerei gebaut worden, deren Besitzer seit 1869 der Landwirt Gottlob Heinrich Franke aus Langhennersdorf und der Hainichener Tuchfabrikant Friedrich Wilhelm Büschel sind. Nun gibt es neuen Konfliktstoff, denn nun klagt Büschel wegen der Stauhöhe des Mühlwehres gegen Schuster. Der Müller verliert und muss seine Stauhöhe verringern. Auf Schuster folgt 1882 Hermann Louis Ebert. Er bezahlt 50.900 Mark. 1884 wird der 57jährige Friedrich August Beyer neuer Besitzer der Obermühle, doch auch ihm ist in der Mühle im Striegistal nur eine kurze Zeit vergönnt.
Als er 1889 stirbt, verkauft seine Witwe für 36.000 Goldmark an den aus Lützschera, einem kleinen Ort in der Nähe von Ostrau, kommenden Müller Franz Schubert. Der 30jährige strebsame Mann sieht in der väterlichen Mühle in Lützschera, die nur über eine geringe Was-serkraft verfügt und deshalb nur wenige Stunden am Tag mahlen kann, keine Zukunft. Hier in Pappendorf findet er, wonach er lange gesucht hat. Im gleichen Jahr heiratet er Lina geb. Dietze aus Obergruna.
Schritt für Schritt modernisiert Franz Schubert die heruntergekommene und veraltete Mühlentechnik und bald ist seine zuverlässige und gute Arbeit in Pappendorf und Umgebung bekannt und beliebt. Neben der Müllerei betreibt er noch Holzschnitt, wenn das Wasserauf-kommen der Striegis das zulässt. Zur Mühle gehört außerdem eine kleine Landwirtschaft mit ca. 10 Hektar Land. 1914 firmiert er als „ Mahl – und Schneidemühle von Franz Schubert“.
Immer wieder Streit
Der Streit um die Stauhöhe des Wehres der „Niedermühle“ – inzwischen ist das die Firma P. Kirbach & Söhne – ist auch zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch nicht endgültig beigelegt. 1903 schließlich kommt es zu einem vorläufigen Abschluss. Bei einem Vororttermin wird durch die „Königliche Straßen – und Wasserbauinspektion Döbeln“ festgelegt, dass Kirbach einen 12 cm hohen Aufsatz auf seinem Wehr anbringen darf, der sich bei Hochwasser selbsttätig umlegen muss. Um die trotzdem noch möglichen Behinderungen der Mühle abzugelten, erhält Franz Schubert eine einmalige Entschädigung in Höhe von 2.000 Mark, die am 7. April 1903 gezahlt werden. Trotzdem gibt es auch später noch Beschwerden, was aus einem Brief von 1913 zu entnehmen ist.
Am 16. August 1918 stirbt Franz Schubert, erst 58 Jahre alt, an Herzversagen.
Seine Witwe Lina Schubert führt den Betrieb mit Hilfe ihrer 3 Söhne weiter. Während die Söhne Kurt und Arthur in der Mühle arbeiten, versorgt der jüngste Sohn Willy die Landwirt-schaft. 1911 ist elektrischer Strom nach Pappendorf gekommen, doch in der Mühle – sicher auch aus Kostengründen – treiben 1926 nach wie vor 2 Wasserräder die Mühle und die Schneidemühle an. Die umweltfreundliche Energie fließt am Haus vorbei und die Striegis schickt keine Rechnung. 1926 wird das die Mühle antreibende Wasserrad durch eine Francis – Turbine, die bei einer Fallhöhe von 3m und 700 Liter Wasserverbrauch pro Sekunde 22,4 PS leistet, ersetzt. Die von der Firma Schindler & Grünwald in Meißen gelieferte Maschine kostet 2.877 Mark.
1937 wird der inzwischen 47 Jahre alte Sohn Kurt Schubert neuer Besitzer. Leider erliegt er bereits zwei Jahre später einem Nierenleiden. Besitzerin ist nun seine Ehefrau Elsa. Der 16jährige Sohn Walter befindet sich noch in der Ausbildung zum Müller.
Als dieser und ein weiterer in der Mühle beschäftigter Müller zum Militär eingezogen werden, wird der jüngere Bruder des verstorbenen Besitzers, Arthur Schubert – bis 1937 selbst im Familienbetrieb tätig – zurückgeholt. Zusammen mit einem polnischen und einem franzö-sischen Kriegsgefangenen betreibt er täglich mehr als 12 Stunden die Mühle, da die Bäcker in weitem Umkreis ausschließlich von der Schubert – Mühle beliefert werden. Der Holzschnitt wird 1945 eingestellt.
Aus den Akten der Gemeinde Pappendorf kann entnommen werden, dass die Mühle 1945 jährlich 25 – 30 Tonnen Getreide verarbeitet, davon 10 – 15 Tonnen zu Schrot als Futtermittel für die Landwirtschaft. Ein von der Turbine angetriebener kleiner Generator sorgt in Zeiten der Stromabschaltungen für Elektroenergie. Während es im Dorf finster ist, brennt in der Mühle das Licht. Eigentümer sind nun Walter Schubert und seine Mutter zu gleichen Teilen. Als diese 1974 stirbt, ist Sohn Walter alleiniger Besitzer.
1948 bis Heute
1948 werden das letzte Wasserrad und der Schuppen der Schneidemühle abgebrochen. An dieser Stelle entsteht eine moderne Siloanlage, in die große Mengen Getreide unmittelbar nach der Ernte eingelagert werden können.
Als der sozialistische Frühling auf dem Lande fortschreitet, wird auch die Mühle mit der dazugehörigen Landwirtschaft in die LPG eingegliedert. Zunehmend ändert sich das Profil, und aus der Mühle wird ein Mischfutterbetrieb. Unter Beimischung von speziellem Kraftfutter unter das verarbeitete Getreide entstehen verschiedenste Mischungen vorwiegend für Zucht und Mast von Rindern und Schweinen. Mit der Auflösung der LPG und deren Umwandlung in eine eingetragene Genossenschaft nach 1990 wird die Produktion für immer eingestellt. 2009 stirbt der letzte Besitzer Walter Schubert.
Seine Witwe Anneliese verkauft 2011 das Anwesen an Claudia und Thomas Dietrich aus Leipzig, die nach umfangreichen Umbauten neben ihrer Wohnung eine Senfmühle einrichten. Die Jahrhunderte alte Mühlentradition der Schubert – Mühle wird damit vor dem Aussterben bewahrt. Heute gibt es in der Schubert – Mühle frisch gerösteten Kaffee aus zahlreichen Ländern dieser Welt sortenrein geröstet.
– Franz Schubert